Visualisierung Perspektive der neuen Holzschleiferei

Grassinger Emrich Architekten GmbH

Neubau

Hebertshausen | 1. Preis

Hebertshausen | 1. Preis

Hebertshausen | 1. Preis

2020 | 2020

Quartiersentwicklung

Hebertshausen, Landkreis Dachau

Neubau

WE: ca. 140

WE: ca. 140

WE: ca. 140

Gebiet: 2 ha

Visualisierung Perspektive guter Laubengang
Visualisierung Perspektive guter Laubengang

Grassinger Emrich Architekten GmbH

Visualisierung Perspektive guter Laubengang
Visualisierung Perspektive guter Laubengang

Grassinger Emrich Architekten GmbH

1. Preis im städtebaulichen und landschaftsplanerischen Wettbewerb mit Realisierungsteil für das Areal der "Alten Holzschleiferei"

In Zusammenarbeit mit kübertlandschaftsarchitektur erhielt der städtebauliche Entwurf für die Gemeinde Hebertshausen den ersten Platz. Der Wettbewerb besteht aus einem Ideen- und Realisierungsteil für das Areal der „Alten Holzschleiferei“. Das gesamte Planungsgebiet bemisst sich auf 26 Hektar. Im weiteren Verlauf wird ein Bebauungsplan für den Realisierungsplan erstellt und die Gemeinde bei der städtebaulichen Entwicklung begleitet.

Blockstruktur mit Blickachsen und grünen Freiräumen

Städtebaulich basieren die Gebäude auf einer modifizierten Blockstruktur, die für abwechslungsreiche Wege und interessante Blickbeziehungen sorgt. Zudem schirmt die Anordnung das Quartier besonders zur Freisinger Straße hin effektiv vor Lärm ab. Großer Wert wird auf die variantenreiche, ökologische Ausgestaltung der Freiräume gelegt, mit dem renaturierten Mühlbach als zentralem Element. Das Quartier setzt weiterhin auf ein autoarmes Konzept. Shared-Space-Bereiche sind primär für Rad- und Fußverkehr vorgesehen; lediglich Feuerwehr und Zulieferung dürfen diese mit Fahrzeugen befahren. Aus ökologischen und wirtschaftlichen Gründen wird auf den Bau von Untergeschossen weitestgehend verzichtet.

Bibliothek für fast Alles

Die Neue Holzschleiferei wird zum Herzen des entstehenden Quartiers, fungierend als Community Hub. Hier entsteht eine „Bibliothek für fast Alles“, in der neben Büchern auch Alltagsgegenstände wie Werkzeuge ausgeliehen werden können. Dieser Ort wird zudem einen flexiblen Veranstaltungsraum, Gastronomie, Pflegestützpunkt, Coworking-Bereich, Maker-Space und Gästeappartements beherbergen. Um die zentrale Holzschleiferei herum gruppiert sich ein Ensemble aus neun Gebäuden in denen ein Mobilitätshub, Gewerbe, Einzelhandel, öffentliche Einrichtungen, eine KiTa und vielseitige Wohnkonzepte realisiert werden, die von betreutem Wohnen bis hin zu genossenschaftlichem Wohnen reichen. Ziel ist es, einem Querschnitt der Gesellschaft mit ca. 140 Wohnungen eine neue Heimat zu geben.

Lageplan des Wettbewerbsareal
Lageplan des Wettbewerbsareal
Lageplan des Wettbewerbsareal

Grassinger Emrich Architekten GmbH / kübertlandschaftsarchitektur

Low-Tech trifft Kreislaufwirtschaft

Ein zentraler Ansatz ist die Forderung, Gebäude nach den Prinzipien des einfachen Bauens in Kombination mit Low-Tech-Prinzipien zu realisieren. Beide Strategien zielen darauf ab, den Ressourceneinsatz zu minimieren, resiliente und einfache Lösungen zu entwickeln sowie die Komplexität zu verringern. Für die Planung bedeutet dies, Umgebungsbedingungen wie Wind, Ausrichtung und Wetter einzubeziehen, ein optimales Verhältnis von Oberfläche zu Volumen (A/V-Verhältnis) zu berücksichtigen, hervorragende Dämmung und thermische Speicherung zu integrieren und immer wieder die Frage zu stellen, ist diese technische Ausstattung wirklich notwendig und welche Vereinfachung ist möglich (Kinetische Lichtschalter ohne Kabel, Sockelinstallation, offene Installationsführung, Verzicht auf separate Datenanschlüsse, Optimierung der Strangführung, Untersuchung von Stromheiz-Systemen wie im Decken-Lehmputz integrierten Strahlungsheizmatten, dezentrale Warmwassererzeugung in Elektroboiler etc.)

Zu den erwarteten Planungsprozessen gehören thermische, witterungsbezogene und Belichtungs-Simulationen, die Ermittlung von Lebenszykluskosten und CO₂-Bilanzen sowie die Erstellung von Materialpässen. Das Ziel ist, den Einsatz technischer Ausstattungen auf das Wesentliche zu reduzieren. Beispiele hierfür sind die Nutzung natürlicher Belüftungssysteme statt kontrollierter Wohnraumlüftung, die Verwendung von Speichermassen wie Stampflehmwänden und die Optimierung des A/V-Verhältnisses. Bei der Materialauswahl für das Bauvorhaben wird großer Wert auf ökologische Baumaterialien gelegt. Im Mittelpunkt stehen regenerative und natürliche Materialien wie Holz, Stroh und Lehm und eine weitgehende Reduzierung des Einsatzes von Beton, Kunststoffen, giftigen Stoffen und Baustoffen auf Mineralölbasis.

Die geforderte Konstruktionsweise folgt dem Cradle-to-Cradle-Prinzip, welches unter anderem den Verzicht auf Verbundwerkstoffe, die Bevorzugung von Konstruktionen, die sich vollständig und verlustfrei demontieren lassen – hauptsächlich durch mechanische Verbindungen statt Klebstoffe – sowie der Wiederverwertung von Rückbaumaterialien bedeutet. Die Gemeinde Hebertshausen denkt über die Entwicklung eines Circular Hubs nach, in dem Materialien aus rückgebauten Gebäuden, sowie natürliche Materialien wie Holz im Verlauf der nächsten Jahre aufbereitet und bevorratet werden. Auf dieses angedachte Materialdepot können und sollen die Bauträger der Neuen Holzschleiferei zurückgreifen. Das bedeutet, dass der Einbau von wiederverwendeten Bauteilen wie Fenstern, Türen, Bodenbelägen, Altholz uvm. Ausdrücklich erwünscht ist.

Freiraum für Klima, Biodiversität und Begegnung

Öffentliche Freiräume sind in dicht bebauten Siedlungen essenziell für Klimaanpassung, Aufenthaltsqualität und ökologische Funktionen. Das Ziel: Minimale Flächenversiegelung und maximale Nutzung wassergebundener offener Beläge. Schattenspendende Bäume und Fassadenbegrünung gewährleisten angenehme Mikro Klimata und qualitativ hochwertige, beschattete Bereiche. Für Biodiversität sorgen gezielte Bepflanzungen. Wassermanagement erfolgt durch Versickerungsareale, das Schwammstadtprinzip und Regenwassernutzung. Der renaturierte und freigelegte Mühlbach bereichert die Biodiversität und bietet attraktive Aufenthalts orte am Wasser. Die Freiräume sind in öffentliche, halböffentliche und private Zonen unterteilt, ohne den Einsatz großer Barrieren. Die Möglichkeit mit Laubengängen zu arbeiten, kreiert vertikale Vorgärten und Begegnungsorte, die eine kooperative Nachbarschaftskultur fördern.

Geteilte Mobilität für das ganze Quartier

Ein ausgewählter Betreiber wird für die Neue Holzschleiferei eine Flotte verschiedener Elektrofahrzeuge bereitstellen. Diese Flotte wird so dimensioniert sein, dass jeder Bewohner mit Führerschein jederzeit Zugang zu einem Fahrzeug hat. Ergänzt wird dieses Angebot durch eine Reihe weiterer Mobilitätslösungen, wie Elektroroller, Lastenfahrräder und Fahrradanhänger, die in die Wohnungen mitgenommen werden können. Darüber hinaus wird eine Ringbuslinie auf Gemeindeebene etabliert, die das Quartier und andere Ortsteile Hebertshausens drei Mal in der Stunde mit dem S-Bahnhof verbindet. Dieses spezifische Angebot ist Teil eines umfassenderen, gemeindeweiten Mobilitätskonzepts, das darauf abzielt, die Notwendigkeit eines eigenen Autos auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig das Zuparken der Straßen zu verhindern. Dazu gehört unter anderem die bereits erwähnte Ringbuslinie, die dreimal stündlich den S-Bahnhof anfährt.